In großer Freude darüber, dass ich gestern nach langem überlegen, suchen und diskutieren über das richtige Flugdatum mit meiner halben Familie (ja, bei uns Italienern ist das immer eine größere Sache), habe ich nun endlich für das kleine M. und mich Flüge nach Sizilien gebucht, um unsere Familie rund 2000 km von uns zu besuchen.
Da kommt der Aufhänger mit der Blogparade auf Jo Igele’s Reiseblog, der gerade im schönen Mexico verweilt, gerade recht, in der man von seinem schönsten, schrecklichsten, außergewöhnlichsten oder lustigstem Flugerlebnis berichten soll. Wer Lust und Laune hat, sich ebenfalls daran zu beteiligen nur zu. Der Hashtag dazu lautet #GruF13.
Ich habe mich entschieden, von einem meiner zahlreichen Sizilien-Flüge zu erzählen, denn grundsätzlich läuft bei mir natürlich immer irgendwas aus dem Ruder (und das meistens ganz ohne mein Zutun). Wir schrieben also das Jahr 2001 n. Chr. und ich lebte und arbeitete zu dieser Zeit im schönen Hamburg für Europas größten Zeitschriftenverlag. Es begab sich also zu der Sommerzeit, als ich mit meinem Vater für eine Woche den Rest der Familie in Adrano, was zur Provinz von Catania gehört, besucht habe. Auf dem Hinflug war noch alles prima, man sah nur, dass der Etna etwas aktiver war als sonst üblich. Die Zeit bei meinen Großeltern, Tanten, Onkels war chaotisch schön, wie immer.
Gegen Ende der Woche wurde ich jedoch krank und hatte mit einer Nierenbeckenentzündung zu kämpfen. Wer schon mal in einem sizilianischen Krankenhaus zu Gast war weiß, dass man sich dort schon nicht als Besucher aufhalten möchte, als Patient schon drei Mal nicht. So in etwa stelle ich mir nämlich die Schamanenzelte in anderen Gefilden der Erde vor. Ich wollte nur noch nach Hause.
Als eine Woche um war und ich Samstags Nachmittags mit Zwischenstopp in Frankfurt mit Alitalia und Lufthansa wieder zurück nach Hamburg durfte/musste/konnte, brachte man mich also zum Flughafen Catania, von wo aus ich üblicherweise fliege. Dort angekommen haben wir uns wie immer tränenreich verabschiedet (glaubt mir, Italiener bestehen zu 95% aus Salzwasser!) und ich habe artig mit zig anderen Passagieren und deren durchschnittlich 8 Kindern pro Familie im Flugzeug auf den Abflug gewartet...und gewartet...und gewartet...und gewartet...und gewartet. Getan hat sich jedoch nichts. Nach 3 Stunden Rumstehen auf dem Rollfeld gab es endlich die ersten Informationen: die Aschewolke des Etna war so groß und undurchdringlich, dass man nicht starten konnte.
Also sind alle wieder mit dem Bus zurück zum Terminal gekarrt worden, wo wieder einmal warten das Zauberwort war. Nach einiger Zeit bekamen wir mitgeteilt, dass nun vom Flughafen Palermo gestartet werden sollte. Zur Info: Palermo ist von Catania exakt 238 km entfernt! Da ich Montags wieder arbeiten musste, konnte ich auch nicht einfach meinen Flug verschieben und gesund werden wollte ich zwischendurch auch noch irgendwie. Mit dem Reisebus wurden wir dann spät am Abend nach Palermo gefahren. Ihr kennt italienische Reisebusse noch nicht? Keiner will das kennen. Sizilianische eigentlich noch viel weniger. Ab und zu habe ich das Gefühl, dass das Gefälle zwischen dem Norden und dem Süden Italiens größer ist, als manch einer sich vorstellen kann. Während meine Nieren sich zwischenzeitlich anfühlten wie Nierengulasch, die Federn des Sitzes in den Hintern pieksten und unendlich viele schreiene Kinder mit an Bord waren, war ich nach etwa 3 Stunden ziemlich froh, endlich angekommen zu sein.
In Palermo angekommen, teilte man uns dann freundlich mit, dass der letzte Flug allerdings nicht auf uns hatte warten können und dass man nun “nur noch ein paar Stunden warten müsse”, bis man nach Deutschland fliegen könne. Unter normalen Bedingungen wär mein Temperament vermutlich mit mir durchgegangen und ich hätte die Nacht in einer Einzelzelle verbracht. Unter den gegebenen Umständen jedoch war ich zu müde, zu kaputt und zu krank, um mich noch groß aufzubäumen und schlief kurzerhand mit den anderen Reisenden in der Abflughalle.
Am nächsten Tag, also Sonntags brachen wir dann gegen Mittag ziemlich problemlos nach Frankfurt auf und dann hört das schöne Ende des Nervtrips auch schon wieder auf, denn dort stand ich nun, es war bereits Nachmittag, und wie ich erfahren durfte, hatte man sich nicht um meine Weiterreise gekümmert wie versprochen. Man schickte mich von Schalter zu Schalter und ich kam nicht weiter. Wutentbrannt wollte ich zu meinen Eltern nach Hause fahren, denn meine Mutter war ja Zuhause geblieben und wohnt nur ca. 45 Minuten von Frankfurt entfernt. Ging aber auch nicht, weil a) mein Gepäck in Catania geblieben ist (es wurde schlichtweg “vergessen” auf dem Weg nach Palermo) und b) ich keinen Ersatzflug auf Kosten von Alitalia/Lufthansa bekommen würde, wenn ich mich vom Flughafen entferne und nicht den nächstmöglichen Flug nehmen würde.
Da saß ich also nun, gestrandet im Nichts, kam mir vor wie Tom Hanks in Terminal und wartete, bis mir endlich jemand weiterhelfen konnte. Glaubt mir, ich habe mich selten so in Geduld üben müssen. Nach Ewigkeiten bot man mir dann doch ein Hotel am Flughafen an, damit ich am kommenden Tag nach Hamburg fliegen konnte. Sonntags sind Chefs natürlich meistens schwer zu erreichen und somit verlief das Gespräch am Montag morgen dann in etwa so:
Ich: “Guten Morgen Herr XY, ich bin’s. Ich wollte nur Bescheid geben, dass ich mich etwas verspäte.”
Chef: “Kein Problem, wenn Sie ein paar Minuten später sind. Das Meeting beginnt ja erst um zehn.”
Ich: “Ähhhh, ich bin noch später.”
Chef (kurz vor der Schnappatmung): “Wie bitte? Das Meeting ist sehr wichtig, wieviel später sind Sie denn?”
Ich (kleinlaut): “Ein paar Stunden später.”
Chef: “Ein paar STUNDEN?”
Ich: “Ja, der Etna hat leider gespuckt und ich hab einen zweitägigen Horrortrip hinter mir und außerdem bin ich krank und unleidlich.”
Chef: “Ok, ok, dann machen Sie, dass sie baldmöglichst hier sind und bitte gewaschen und gestriegel hier ankommen!”
Ich: “Aye Aye, Sir!”
So viel zu Reisen, die man mit mir antritt...na ja, immerhin war ich alleine und hab niemanden mit meiner zugegebenermaßen extrem schlechten Laune behlligen müssen ;-)